Donnerstag, 19. Mai 2016

Mehr Land als Naht

Zur Zeit verbringe ich jede freie Minute bei meinem Pferd, da in den letzten Wochen so einiges schief gelaufen ist und wieder ins Lot gebracht werden muß.




Angefangen hat alles mit dem "mißglückten" Muttertagsausritt. Gundi ließ sich mal wieder nicht vom Hof reiten und ich mußte sie bis auf den Hügel rauf führen, um eine geeignete Stelle zum Aufsteigen zu haben. Dann war Gundi auf dem Splittweg so fühlig, dass sie fast gestürzt ist und auf dem Rückweg standen da die frisch auf die Koppel gebrachten Pferde und auf dem Weg davor ein großes schwarzes Auto mit geöffnetetem Kofferraum und Musik. Gruselig genug für Gundi rückwärts ins Feld zu gehen. Der mir bekannte Pferde- und Autobesitzer hat uns dann netterweise vorbei geführt.

Am nächsten Tag wollte ich "nur" das Reiten vom Hof üben, aber Gundi rutschte schon die Matschplatten vorm Paddockausgang runter und war dann so gar nicht in Richtung Feldweg zu bewegen. Bin dann wieder abgestiegen und habe sie ein Stück geführt, was jetzt auch nicht so sonderlich gut geklappt hat. Ständig hat sie Fressmonster gewittert und ist stehen geblieben.

Beim nächsten Versuch ist Gundi gar nicht mehr vom Paddock gegangen, da sie Angst hatte wieder zu rutschen. Also den Ausgang für den Trecker genommen, alles war gut und einem kurzen Spaziergang stand nichts mehr im Weg.

Am Freitag sind die Kühe aus dem Nachbardorf auf die Sommerweide gestellt worden und am Samstagvormittag sind sie durchgegangen. Eine Kuh ist dann auf der Nachbarkoppel gelandet und Gundi ist beim Anblick zu Stein erstarrt. Als ich dann nachmittags mit ihr spazieren gehen wollte und sie aus dem Augenwinkel eine Kuh gesehen hat, ging gar nichts mehr. Schockstarre, riesige Augen, Nüstern gebläht und Herzrasen. Beim Zurückgehen hat sie beim kleinsten Geräusch einen Satz gemacht.

Als ob das nicht alles schon genügen würde, hat Gundi in der Nacht zum Sonntag den neu gespannten E-Zaun eingerissen und die tickende Litze bis auf den Paddock geschleift. Wer weiß wie viele Stromschläge sie bekommen hat, denn auf den Paddock wollte sie am nächsten Tag nicht so gerne geführt werden. Überhaupt hat sie sich leicht traumatisiert verhalten, sie ist von der Koppel nicht mehr zu mir gekommen und das Halfter durfte ich ihr auch nicht anlegen. Beim Führen über die Koppel ist sie ständig stehen geblieben und hat auf stur geschaltet. Da ich meinem Pferd auf keinen Fall weh tun möchte, seelisch wie körperlich, habe ich sie dann erst mal nur gekrault und versucht wieder eine Verbindung aufzubauen. Dazu habe ich dann viel über "Problempferde" gelesen, mit dem Ergebnis, dass ich total verwirrt und ratlos war. Aber dann wurde mir klar, ich muß meinen eigenen Weg zu und mit meinem Pferd finden und diesen Weg haben wir jetzt angefangen zu gehen, meine Stute und ich.

1. Ansatz: Chi horsing nach Sandra König "Körpersprache, Pferdepsychologie & Empathie"
Eine beeindruckende Frau, die sehr feinfühlig mit Pferden umgeht. Aber für mich war im Moment weder das Onlineseminar noch ein mehrtägiger Kurs umsetzbar. Gelernt habe ich durch ihre Videos und auf ihrer Website Chi horsing trotzdem sehr viel. 

2. Ansatz: Die sanfte Pferdeschule nach der TTeam-Methode
Hier wurde mir schnell klar, dass mir die Führkette über dem Nasenrücken meines Pferdes nicht behagt und somit konnte Gundi es auch nicht gut finden. Also, Versuch abgebrochen.

1. Erkenntnis:
Nartürlich weiß ich, dass ich meine Ängste auf mein Pferd beim Reiten und Führen übertrage. Aber ich habe mir nie so bewußt gemacht, dass ich wirklich alle meine Gedanken und Gefühle auf mein Pferd übertrage. Wenn wir den Paddock verlassen haben ging es in meinem Kopf nämlich schon los: Wovor könnte sie denn jetzt Angst haben? Die Treckerhalle, die Holzstabel, die Planen oder die Windräder??? Ich war innerlich angespannt und konnte ihr nie das Gefühl geben, alles ist in Ordnung, es besteht keine Gefahr! Somit hat sie mich auch nicht als führenden Part wahrgenommen und wenn sie "gruselige Gespenster" gesehen hat mußte sie selbst entscheiden und auf sich aufpassen. Bei einem Pferd als Fluchttier, hatte ich bisher noch Glück, dass sie meistens nur stehen geblieben ist.

2. Erkenntnis:
Das Halfter ist zu groß! Ich konnte meiner Stute gar keine Impulse über den Führstrick geben, da der Nasenriemen ständig über die Nüstern rutschte. Also, das uralte Halfter rausgekramt und schon ging es viel besser!

Am Dienstag kam unsere Hufpflegerin, um sich Gundis Hufe wegen der extremen Fühligkeit beim Ausritt anzusehen. Ich hatte Gundi, auf Anraten der Hufpflegerin, schon seit Samstag nicht mehr auf die Graskoppel gelassen, da ein Hufreheverdacht bestand. Das Koppelverbot war übrigens auch der Grund für das Einreißen des E-Zaunes, mein Pferd wollte nämlich zum Gras.
Der Befund: Gundis Hufe sind super!
Die Therapie: Langsam den Huf an den Splitt gewöhnen, spazieren gehen!

Dann habe ich die Seite von Christina, Herzenspferde, entdeckt und ihr e-book "Die 7 häufigsten Probleme mit Pferden und ihre Lösungen". Hier habe ich viele gute Tipps erhalten für den Umgang mit meiner Gundi und am Mittwoch konnte ich Gundi schon wieder problemlos halftern, von der Koppel holen und auf den Paddock führen. Mittwochnachmittag und heute habe ich dann angefangen mit ihr den Hofweg zu erkunden und es hat richtig gut geklappt!

Meine ersten Grundsätze:
  • Bevor ich zu meinem Pferd gehe atme ich ganz ruhig durch den Bauch und versuche meinen Kopf zu leeren. Ich will mit meinen Gedanken ganz bei meinem Pferd sein!
  • Kopf hoch - Schultern zurück!
  • Es gibt keine Fressmonster! Also auch keine Gefahren für mein Pferd beim Spazierengehen.
  • Ich gehe nur so weit, wie ich ein gutes Gefühl habe. Auch wenn das jetzt am Anfang nur der Hofweg, am Gemüsegarten und den Traktorhallen vorbei, ist! Ich will weder mich noch mein Pferd überfordern!
  • Geduld!!!!! Mit mir und meinem Pferd!

Die ersten Schritte sind gemacht auf unserem gemeinsamen Weg und wir werden ihn zusammen immer weiter gehen ........




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